Per Streitwagen nach Cambodunum

Per Streitwagen nach Cambodunum

Wir sind natürlich nicht mit einem römischen zwei PS starken Streitwagen aus der Antike unterwegs gewesen, wie man ihn aus dem Zirkus Maximus kennt, sondern mit dem NISSAN JUKE der zweiten Generation. Ehrlich gesagt war uns der JUKE mit den 117 PS (1.0 Liter Turbo Benziner, 999 Kubikzentimeter) dann doch lieber und bequemer. Die Stadt Cambodunum liegt nicht irgendwo in Italien, sondern war der Name der kaiserzeitlichen römischen Stadt auf dem Gebiet der heutigen Stadt Kempten im Allgäu. Warum wir gerade die Stadt Cambodunum als Reiseziel ausgewählt haben und was uns dort erwartet, ob uns der «japanische Streitwagen» der Nissan JUKE überzeugt, dass erfahren Sie wenn Sie jetzt einsteigen und sich anschnallen.

Am Vormittag steht unser JUKE (Mini-SUV) wie vereinbart mit NISSAN für unsere Testfahrt zur Übergabe bereit. Jetzt erst mal das ganze Equipment eingepackt, welches kein Problem darstellt, denn der Kofferraum fast 422 Liter, mit einer umgelegten Rückbanklehne sind es sogar 1.088 Liter. Die Route noch ins Acht-Zoll-Farbtouchscreen eingeben und dann geht es auch schon los mit einem angenehmen Sitzkomfort sowie mit einer grossen Auswahl von Sicherheitssystemen (Nissan Safety Shield Paket) auf die Autobahn Richtung Kempten. Durch das Echtzeit-Verkehrsinformationen-System von JUKE sind wir pünktlich an unserem Ziel angekommen. Vorort sehen wir auch schon den Tempelbezirk des archäologischen Parks und gleich in der Nähe ist unser geplanter Treffpunkt auf dem Ausgrabungsgelände. Wie vereinbart erwartet uns auch schon die Archäologin Frau Dr. Sieler.

Frau Dr. Sieler führt uns durch den Park und erzählt uns bei einem Interview einiges über die älteste schriftlich erwähnte Stadt Deutschlands Cambodunum zu Zeiten des Kaisers Augustus und ihren damaligen Bewohnern. Das Römische Reich war das grösste Reich im damaligen Europa. Ein Bauerndorf am Ufer des Tiber war der Anfang eines Staates, der fast die ganze damals bekannte Welt beherrschte und dazu noch Teile der britischen Inseln. Noch heute ist der Einfluss des Römischen Reich in unserer Gesellschaft gegenwärtig wie zum Beispiel in der Verwaltung, Gesetzgebung, Medizin, sowie auch im Sport und unserer Sprache. So hat das römische Reich auch seine Spuren in Kempten hinterlassen. Der archäologische Park schützt und präsentiert die erhalten gebliebenen Reste des archäologischen Bodendenkmals der Römerstadt Cambodunum. Dieses Bodendenkmal vermittelt den heutigen Besuchern ein Verständnis für die aktuellen Bezüge der damaligen Kultur zu unserem Leben.

Am Ende unserer Entdeckungsreise im Allgäu geht es mit dem teilautonomen Fahren von JUKE und den skurrilen Voll-LED-Scheinwerferaugen abends sicher zu unserem Ausgangspunkt zurück. Die heutige Reise in die Vergangenheit mithilfe des modernen, ausgeklügelten Gesamtpakets des NISSAN JUKE glich einer Bewegung zwischen zwei Welten.

Interview mit Dr. Maike Sieler

HARBOR : Frau Sieler, wie würden Sie die damalige kaiserzeitliche römische Stadt Cambodunum beschreiben?

DR. MAIKE SIELER: Cambodunum wurde als römische Planstadt auf dem östlichen Illerhochufer gegründet. Diese Planung «auf dem Reissbrett» sah man der Stadt an, denn ihr Zentrum war durch ein rechtwinkliges Strassennetz in die Gebiete für öffentliche und private Bebauung aufgeteilt. Die grossen öffentlichen Bauten stellen hier eine Besonderheit dar: Das Forum mit grosser Basilika, der Statthalterpalast und vor allem der 4,2 Hektar grosse Bezirk für den Kaiserkult. Dennoch wurde Cambodunum nie zu einer wirklichen Grossstadt – vermutlich lebten hier auch zur Blütezeit nicht mehr als 5000 Menschen.

Was können Sie uns über die Herkunft der Bewohner von Cambodunum erzählen?

In der Gründergeneration stammten die meisten Einwohner nach Ausweis ihrer Tracht und ihrer Grabbeigaben aus dem bereits früher romanisierten, gallischen Westen sowie aus dem zentralalpinen und mediterranen Bereich. Hier trafen also «waschechte» Römer auf einheimisch-keltisch geprägte Menschen. Namentlich kennen wir beispielsweise einen weitgereisten ehemaligen Bewohner von Cambodunum: Einen Legionär, der als Veteran der zehnten Legion (legio X Gemina) in Aquincum, dem heutigen Budapest: Er hiess Tiberius Claudius Satto und stammte aus Cambodunum. Seine Frau, Ulpia Ursula, hatte ihm den Grabstein in Aquincum setzen lassen, auf dem sein Heimatort (Cambodunum) und sein Beruf genannt waren.

Die römische Stadt Cambodunum diente als Verwaltungs- und Handelszentrum. Wie kann man sich den Alltag in der Stadt vorstellen?

Händler und Handwerker (Schmiede, Töpfer, Zimmerer, Schuster, Stoffhändler) lebten hier und produzierten Waren für die Bevölkerung der Stadt und des Umlands. Im ersten Jahrhundert, zur Blütezeit von Cambodunum, lag Cambodunum ausserdem an der Kreuzung bedeutender Handels- und Heeresrouten, sodass eine Vielzahl von Menschen hier vorbeikam. Angehörige der Provinzverwaltung ebenso wie Handelsreisende und auch Soldaten dürften immer wieder durch Cambodunum gekommen sein. Die römische Währung galt, ebenso wie die lateinische Schrift. Hier lebten Römer und einheimische aber romanisierte Kelten miteinander und im Laufe der Jahrzehnte ergab sich eine ganz eigene, für die Provinz Raetien charakteristische Alltagskultur.

Welche Gegenstände haben Sie bei den Ausgrabungen gefunden und welche neuen Kenntnisse haben Sie dadurch gewonnen?

Bei der Ausgrabung fanden sich vor allem Reste von Siedlungsschutt wie zerscherbter Keramik, Ziegel, Tierknochen (Speiseabfälle). Besonders interessant ist für uns die siedlungsgeschichtliche Entwicklung des Areals, die aus den Schichten ablesbar ist: So wurde in diesem an das spätere Forum angrenzenden Stadtbereich zunächst das Gelände für die Bebauung vorbereitet durch Brandrodungen und Planierungen, die eine ebene Baufläche herstellten. Dann folgten mindestens zwei Generationen von Holzbauten bevor die ebenfalls mehrphasige, steinerne Insulabebauung – eine typisch römische Form des städtischen Hausbaus – entstand. Hier lagen unter überdachten Gehwegen zur Strasse hin Ladengeschäfte und Schenken oder Garküchen, während im Innenbereich und den oberen Stockwerken gewohnt wurde.

Die Römer haben die Fussbodenheizung erfunden, der Monat Juli ist nach dem römischen Staatsmann Julius Caesar benannt, das römische Weltreich war zu der Zeit das grösste Strassenbauunternehmen aller Zeiten. Das ist unser allgemeines Wissen über die Römer. Können Sie uns noch ein weiteres Geheimnis über die Römer verraten?

Die Römer waren Meister der Integration fremder Religionen. So wurden beispielsweise die keltischen Götter, die in unseren Regionen in der vorrömischen Eisenzeit verehrt wurden, auch in der Römerzeit weiter verehrt – sie erhielten dann meist einen keltisch-römischen Doppelnamen wie beispielsweise Jupiter Poeninus oder Apollo Grannus. Eine keltische Göttin schaffte es sogar bis in die Ställe Roms – Epona, Göttin der Pferde, Reiter und Fuhrwerke. Ein weiteres Geheimnis: Die Römer tranken zwar Ziegen- und Schafmilch aber keine Kuhmilch - diese galt sogar als Abführmittel.

 

Autor & Interview: fullservice360.com / VÖ: PRESTIGE Magazin
Foto: white-photo.com

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